Profis oder Amateure?
Von Gert Sudholt
Die ersten hundert Tage der Bundesregierung Scholz-Habeck sind längst vorbei. Damit ist auch die Schonzeit dieser Regierung abgelaufen Es darf, ja es muss Kritik geübt werden.
Man erinnert sich in den letzten Wochen gewiss in mancher Hinsicht mit einem Schuss Wehmut daran, dass 1969, als die Regierung Brandt / Scheel im Handumdrehen aus der Taufe gehoben wurde, die Vereinbarungen zwischen SPD und FDP bereits wenige Tage nach dem Wahlergebnis standen und die außen-und innenpolitischen Pläne der beiden neuen Regierungsparteien auf einem Zettel festgehalten wurden. Das war dann der Koalitionsvertrag. Im vergangenen Jahr benötigten die drei Parteien 177 Seiten in denen ihr Wollen und Wünschen niedergelegt wurde. Was die Koalitionsparteien während dieser Legislaturperiode in die Tat umsetzen werden, ist noch völlig offen.
Wer den Bildungs– und Ausbildungsstand der neuen Ministerriege durchleuchtet, wird über das Fachwissen dieser Damen und Herren die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Zwar ist Olaf Scholz mit einem Jahresgehalt von ca. 360.000 Euro Brutto ein ausgebildeter Jurist und Rechtsanwalt. Allerdings sind seine Erinnerungslücken beim Hamburger Cum Ex-Skandal fragwürdig ebenso seine Haltung im Wirecard-Skandal. Sobald es zur Sache ging, zeigte er auffallende Erinnerungslücken. Ob die gegen ihn erhobenen Vorwürfe rechtens waren, bleibt daher unklar. Ob ein Mann mit derartigen Erinnerungsdefiziten geeignet ist, das wichtigste Regierungsamt in Deutschland zu leiten, sei dahin gestellt. Dennoch: seine „weiße Weste“ ist befleckt. In der Coranakrise, insbesondere in der letzten Welle, der Omikron-Welle, zeigte er wenig Kraft und schwächelte. Auch die Haltung des Bundeskanzlers gegenüber Russland und der Ukraine ist fraglos zwiespältig. Zunehmend wird offensichtlich, dass die Dreier-Regierung den Ansichten des ukrainischen Präsidenten Selensky beipflichtet und den russischen Präsidenten für den Krieg allein verantwortlich macht. Der seinerzeitige erste Botschafter Israels in Bonn, Asher Ben Natan soll einmal gesagt haben: „Nicht wer den ersten Schuss abgibt, ist der Schuldige, sondern derjenige, der ihn gezwungen hat, den ersten Schuss abzugeben“. Unter diesem Blickwinkel müsste die Schuldfrage am Ausbruch des Ukraine-Krieges erst geklärt werden, denn noch liegen keine Akten und Dokumente der vergangenen Jahre auf dem Tisch. Dass die NATO entgegen den mündlichen Vereinbarungen der 90er Jahre - seit zwei Jahrzehnten nach Osten gegen Russland sich ausdehnt und unzählige Milliarden in die Aufrüstung der Ukraine investiert hat, ist ein offenes Geheimnis. und wird von den USA nicht bestritten. Moskau fühlte und fühlt sich in die Ecke gedrängt und glaubte offenbar reagieren zu müssen. Hinzu kommt die Stationierung von Interkontinentalraketen in Polen, die angeblich gegen den behaupteten aggressiven Iran gerichtet sein sollen. Fakt ist, dass die geplanten Ziele der Raketen in Russland ausgemacht wurden.
Wie auch immer der Krieg für die Ukraine ausgehen mag, sie wird sich auf Neutralität nach Schweizer Vorbild zu beschränken haben; die beiden selbständigen Provinzen im Osten ,die an Russland grenzen, werden sich wohl nicht zuletzt dank ihrer russischen Bevölkerungsmehrheit nach Moskau orientieren.
Dass dieser Krieg im Osten Europas ein weltpolitisches Nach-
spiel haben wird, ist keineswegs auszuschließen. Russland orientiert sich seit 1907 nicht mehr nach Westen sondern zunehmend nach Osten mit China und an Indien. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass sich Moskau, Peking und Neu Delhi mit Überlegungen tragen, eine neue Weltordnung zu errichten, dessen Zentrum nicht Europa sein wird. Man arbeitet an einer neuen Wirtschaftsordnung, in der der Dollar keine Rolle mehr spielt, also die Abschaffung als Leitwährung.
Zurück zu den innerdeutschen Verhältnissen. Erst kürzlich hat Wirtschaftsminister Dr. Habeck der Ukraine 58 Schützenpanzer aus tschechischer Produktion versprochen, die noch aus DDR–Beständen stammen. Ob diese mindestens 30 Jahre alten Fahrzeuge noch für aktuelle Kampfzwecke geeignet wären, sei einmal dahin gestellt. Seine Kollegin hatte keine Ahnung von dieser Abmachung. Sie hielt sich zu diesem Zeitpunkt zu Besprechungen in den USA auf. Die ehemalige Justizministerin gilt als eine krasse Fehlbesetzung im Amt der Verteidigungsministerin. Die Dame wollte ursprünglich im Herbst letzten Jahres ihre Laufbahn als Politikerin beenden und wieder als Anwältin arbeiten. Da sie jedoch das Innenministerium nicht bekam, gab sie sich mit dem Verteidigungsministerium zufrieden, zu dem sie bislang kein inneres Verhältnis entwickelt hat. Es wird allerdings gemunkelt, dass die derzeitige Innenministerin Nancy Faeser im Herbst als mögliche Ministerpräsidentin nach Wiesbaden wechseln will. Dann könnte die derzeitige Verteidigungsministerin das Innenministerium übernehmen.
Es wäre allerdings wünschenswert, wenn die SPD dann eine Persönlichkeit, die mit der Bundeswehr vertraut ist, zur neuen Ministerin oder zum neuen Minister ernennen würde. Die SPD hatte bekanntlich drei hervorragende Verteidigungsminister: Helmut Schmidt, Georg Leber und Hans Apel. Der Bundeskanzler wäre daher gut beraten, wenn er sich bei einer möglichen Auswahl des Vermächtnisses dieser Männer erinnern würde.
Wenn man das derzeitige Kabinett Revue passieren lässt, fällt vor allem die junge Außenministerin Annalena Baerbock auf. Sie spricht keine Fremdsprache und hat Mühe sich in ihrer Muttersprache zweifelsfrei auszudrücken. Ohne außenpolitische Kenntnisse geschweige denn Erfahrung, ist sie eine glatte Nullnummer. In den wenigen Monaten ihrer Amtszeit hat sie sich auf ihren Auslandsreisen zahlreiche peinliche Schnitzer geleistet und gilt im Kabinett als „Leichtgewicht“ – so wie ihre ex-Kollegin, die bereits zurückgetretene Familienministerin Spiegel.
Ohne ein endgültiges Urteil abgeben zu können, deuten viele Erkenntnisse darauf hin, dass das angebliche Massaker von Butscha kein Verbrechen der russischen Armee war. Auch wenn die Bilder noch so sehr an die Verbrechen erinnern, die die Rote Armee damals 1944/45 begangen hat, und die in Deutschland sowie in Ost-und Mitteleuropa insbesondere bei der älteren Generation noch in schrecklicher Erinnerung sind. Dass in einem Video plötzlich ein behauptetes Opfer aufsteht und davon läuft, nährt Zweifel an der Echtheit eines russischen Kriegsverbrechens. Es ist letztlich auch nicht auszuschließen, dass es sich bei der ganzen Geschichte um eine raffinierte Fälschung handeln könnte. Der Verdacht erhärtet sich aus zwei Gründen: Aus sprachwissenschaftlicher bzw. volksmythologischer Sicht bedeutet das englische Wort „butcher“ (ausgesprochen „butscha“) „Schlächter“. Zweitens fällt auf, dass die Ukrainer sehr schnell unmittelbar nach Veröffentlichung der ersten Bilder von Butscha ihre Forderungen nach militärischer Unterstützung durch den Westen drastisch verstärkt haben. Dies macht es notwendig sich an die alte Frage“ Cui bono“– Wem nützt es? – zu erinnern, die zu einem geflügelten Wort geworden ist und empfiehlt, bei bestimmten Ereignissen zu fragen, welcher Seite sie dienen. Die Ereignisse von Butscha sind jedenfalls nicht gerade geeignet, Vertrauen in die russische Sache herzustellen, umso weniger als Putin von einem Befreiungsschlag in der Ukraine spricht.
Um Licht ins Dunkel zu bringen, wäre die richtige Vorgehensweise, zuerst eine internationale Untersuchungskommission einzusetzen, die die Vorfälle untersucht. Sonst könnte übersehen werden, dass es sich mit Butscha, falls wirklich ein Massaker stattgefunden haben sollte, so verhält wie bei dem Massaker von Katyn, wo sich später herausstellte, dass die Täter Andere waren als zunächst behauptet. Oder Butscha könnte sich als Akt der Kriegspropaganda entpuppen, wie Scharpings Propaganda im Kosovo-Krieg.
Bundeskanzler Scholz und sein Kabinett wären jedenfalls gut beraten, sich in dieser Krise neutral zu verhalten und sich, statt Waffen zu liefern, lieber als Vermittler anzubieten. Dazu könnten auch die persönlichen Beziehungen der beiden ehemaligen Kanzler Schröder und Merkel genutzt werden. Als Schröder unlängst nach Moskau geflogen ist, um Präsident Putin zu treffen, hat er leider viel Kritik geerntet. Dabei war sein Vorstoß durchaus ehrenwert, und es hätte den nachdenklichen Bürger mehr interessiert, etwas über die Gespräche zu erfahren als den offen ausgetragenen Streit mit seiner Partei nachzuverfolgen
Gerade in dieser vielleicht schwersten außenpolitischen Krise der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg, in der es im Osten Europas unerwartet zu offenen Kriegshandlungen gekommen ist, wäre ein qualifizierter, erfahrener Diplomat im Amt eine Beruhigung für unser ohnehin durch mehrere Krisen gebeuteltes Land.